Seine Stärken wieder finden

Gerade in persönlichen Krisen sind innere Kraftquellen wichtig. Wie sie über Schwierigkeiten und Hindernisse hinweghelfen können, zeigen Bernhard Brack und Tabea Landolt vom Kath. Sozialdienst Zentrum mit ihrem neuen Projekt «Kraftquellen» auf.

Seit Februar 2020 sammeln Bernhard Brack und Praktikantin Tabea Landolt die Kraftquellen ihrer Klientinnen und Klienten. Sich auf die eigenen Kraftquellen zu konzentrieren, öffnet den Blick für die eigenen Ressourcen und die Fähigkeit, Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwinden. Viele Menschen sind so auf ihr Problem konzentriert, dass sie vergessen, dass sie ähnliche Situationen bereits einmal überwunden haben. Die Frage nach den persönlichen Kraftquellen überrasche daher viele und setzt oftmals einen Prozess in Gang.

Weitere Informationen zum Projekt und Portraits von zwei Klientinnen und einem Klient finden sich im Artikel im Innenteil des Juni-Pfarreiforums.
 

Ein Mann, 56, Schweizer, Tiefbauzeichner und Musiker

Meine Kraftquelle ist der Alkohol, denn er stellt mein Kopfkino ab. In meinem Kopfkino laufen Grübeleien, ich bin nämlich ein Profigrübler.
 

Eine Frau, 63, Schweizerin/Kroatin, verwitwet, wohnt mit ihrer Katze in einer 2-Zimmer-Wohnung

Meine Kraftquelle sind meine Katze und meine drei Freundinnen, die in Bosnien und Serbien aufgewachsen sind.  Meine Katze legt sich gerne auf meinen Bauch. Das tut gut.  Mit meinen Freundinnen gehe ich gerne lädälä zu Otto’s, Brocki und Lidl.
 

Ein Mann, 62, Schweizer, Betreuer im Altersheim

Meine Kraftquelle ist hier, auf dem Kopf, die Kappe meines Vaters.
 

Eine Frau, 71, Schweizerin/Kroatin, mit 17 Jahren in die Schweiz gekommen, bis zu ihrem Unfall 32 Jahre in verschiedenen Restaurants gearbeitet

Meine Kraftquellen sind meine Familie und ein lachendes Kind, dem ich auf der Strasse begegne. Ein Kinderlachen – da geht mein Herz auf.
 

Eine Frau, 50, Schweizerin, Verkäuferin

Meine Kraftquelle sind die Gespräche mit dem Psychotherapeuten. Und die Antidepressiva. Die helfen mir, aus dem Loch zu kommen.
 

Eine Frau, 78, Schweizerin, bis zur Pensionierung als Reinigungsangestellte gearbeitet

Meine Kraftquelle ist der Heilige Josef.  Wenn mir alles über den Kopf wächst rufe ich: «Heiliger Josef, hilf». Vor einiger Zeit konnte ich mein gelbes Einzahlungs-Büechli nicht mehr finden. Ich war ganz durcheinander. Ich habe den Hl. Josef angerufen und am nächsten Tag konnte ich das Büechli «zum guete Glück» finden. Ich hatte es in die falsche Schublade gesteckt.  Ich bete auch zum Hl. Josef für Menschen, denen es nicht gut geht.

 

Eine Frau, 83, Schweizerin, arbeitete mit ihrem Ehemann im eigenen Lebensmittelgeschäft in der Innenstadt von St. Gallen 

Meine Kraftquelle ist das Beten zu Gott. Als mein Ehemann mit 54 Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam, hat mir Gott die Kraft gegeben, den Schmerz zu ertragen und vorwärts zu schauen. Am Tag nach der Beerdigung bin ich morgens wie gewohnt um 5.00 aufgestanden; bin in die Stadt gefahren und habe unser Geschäft geöffnet. Das Arbeiten und die wertvollen Kundenkontakte waren Balsam für meine Seele.   Als mein Sohn mit 43 Jahren an einer Krankheit starb, hat mir Gott die Kraft gegeben, den Verlust auszuhalten und vorwärts zu schauen. So konnte ich bis weit übers Pensionsalter arbeiten und die vielen herzlichen Begegnungen mit den Kundinnen und Kunden geniessen.  Ich danke Gott.

 

Eine Frau, 52, Schweizerin, gelernte Konditorin, seit Jahren ohne Arbeit wegen eines Hautauschlages

Meine Kraftquelle ist die Liebe, dass wir uns gegenseitig vertrauen und unterstützen können.
 

Eine Frau, 48, syrische Kurdin, geflüchtete Witwe und Mutter von beeinträchtigten Kindern

Jeden Morgen bitte ich Gott, dass er mir Kraft gibt durchzuhalten. Durch ihn konnte ich die schwierigsten Situationen in meinem Leben bewältigen.
 

Eine Frau, 31, Schweizerin, Pflegefachfrau

Mir gibt es Kraft, wenn ich gebe. Ich möchte an der Quelle der Liebe bauen. Wer Liebe gibt, profitiert vom Schicksal.
 

Eine Frau, 27, Schweizerin, Drucktechnologin

Als es mir einmal schlecht ging, sagte der Pater zu mir: Der Herr ist mit dir. Seither sage ich mir das immer wieder, wenn ich mich allein fühle. Eine andere Kraftquelle ist für mich das Gefühl, gebraucht zu werden.
 

Eine Frau, 53, Italienerin, Reinigungsmitarbeiterin

Auch wenn ich in meinem Leben oft kämpfen muss, gibt mir mein Enkel Kraft um jede Krise durchzustehen. Familie bedeutet für mich sehr viel.
 

Ein Mann, 34, Tibeter, Küchenmitarbeiter

Die buddhistische Philosophie hat mich gelernt, dass Positivität eine grosse Kraftquelle sein kann. Ich tue Gutes für die Menschen in meiner Nähe und kann gleichzeitig Energie tanken.
 

Eine Frau, 64, Schweizerin, Serviceangestellte

Meine Kraftquelle? Das bin ich noch nie gefragt worden. Ich weiss nicht. Vielleicht, dass ich ein Stehaufmännchen bin. Weshalb ich immer wieder aufstehe? Ich bin verantwortlich dafür, dass ich hingefallen bin, also sage ich mir: Steh wieder auf!

Ein Mann, 50, Guinea (CH-Staatsbürger), baut afrikanische Instrumente

«Es gibt einige Dinge die mir Kraft geben, aber nichts ist damit vergleichbar, wie wenn ich meine Kinder sehe.»
 

Ein Mann, 59, Schweiz, Bergkletter

Ich schöpfe meine Kraft daraus, dass ich positiv auf die Menschen zugehe, dass ich immer nach dem Miteinander suche. Es ist manchmal nicht einfach, das Miteinander auch im andern zu finden.

Eine Frau, 51, Nigeria, Raumpflegerin

Meine Kraftquellen sind Gott und die Gespräche mit meinen Beratern der Krebsliga und des Sozialdienstes.

Eine Frau, 30, Schweizerin, Detailhändlerin

In der Psychiatrie habe ich gelernt, wie ich mit mir selbst umgehen kann. Weitere Kraftquellen sind für mich Gespräche mit Freunden und der Familie.
 

Eine Frau, 69, Schweizerin, Fan vom FC St. Gallen

Meine Kraftquellen sind Gott und mein verstorbener Mann. Für ihn bete ich und mit ihm rede ich jeden Tag. Ich spüre dann jeweils seine Antwort: «Es ist gut so, wie du es machst.»
 

Ein Mann, 54, aus Amerika, Mathematiker

«Ich schöpfe meine Kraft aus der Arbeit. Als zwölfjähriger habe ich ein Kalenderzettel abgerissen und auf der Rückseite ein Zitat von Käthe Kollwitz gelesen, das sinngemäss so lautet:

 «JEDER HAT DIE PFLICHT, DAS IN IHN GELEGTE AUSZUSCHÖPFEN BIS ZUR LETZTEN NEIGE. ERST DANN DARF ER GEHEN.»

Auch wenn es manchmal schwierig wurde, haben mir diese Worte Kraft gegeben.»
 

Eine Frau, 63, aus der Schweiz, ehemalige Krankenschwester

«Gott hilft mir in schwierigen Situationen. Eine Krankenschwester im Bürgerspital hat mir einmal gesagt, ich solle in die Kirche gehen, eine Kerze anzünden und eine halbe Stunde einfach nur dasitzen. Wenn ich dann wieder ginge, sollten meine Sorgen verschwunden sein. Das mache ich immer in schwierigen Situationen und danach ist alles wieder gut.»
 

Ein Mann, 57, Schweizer, Zugführer

Kraft gibt mir das Gebet: Lieber Gott, gib allen Menschen einen Weg.
 

Eine Frau, 44, Schweizerin, IV-Rentnerin

Mein Hund gibt mir Kraft. Dass ich für ihn sorgen kann, dass ich eine Verantwortung habe, das gibt mir Kraft. Wegen ihm stehe ich auf, wegen ihm nehme ich meine Medikamente. Ich weiss nicht, was mit mir geschieht, wenn er nicht mehr ist.
 

Eine Frau, 27, aus dem Kosovo, Detailhändlerin

Wenn ich Ruhe habe, das ist meine Kraftquelle, z.B. wenn ich in der Natur spazieren gehe oder wenn jemand mir zuhört, das beruhigt mich. Ich schöpfe auch Kraft aus den Nahtoderfahrungen von Menschen, die beschreiben, wie sie sich von ihrem Körper entfernen und Wesen aus Licht begegnen.
 

Eine Frau, 30, aus Bosnien, Detailhändlerin

Meine Kraftquelle ist mein Sohn – und meine Mutter. Seit ich selber Mutter geworden bin, kann ich sie nicht voneinander trennen.
 

Eine Frau, 55, aus Kroatien, Fabrikarbeiterin

Ich weiss nicht, was mir Kraft gibt … das Leben, das Leben gibt mir Kraft und mein Enkelkind. Mein Enkelkind ist das Licht, ich schaue nur auf das und vergesse das andere.
 

Ein Mann, 61, aus der Türkei, Schlosser ohne Arbeit

Was mir die Kraft gibt? Nichts! Seit 18 Jahren mehr Schmerzen, mehr Rechnungen, weniger Geld. Ab und zu gibt es mir ein klein wenig Kraft, wenn ich meine Tochter sehe im Whatsapp und mit meinen beiden Enkelkindern sprechen kann.
 

Eine Frau, 52, aus der Schweiz, Verkäuferin, stellenlos

Meine Kraftquelle ist das Gespräch mit Gott. Wenn ich zum Beispiel wütend auf jemanden bin, dann gehe ich aus der Wohnung und rede mit Gott. Das hilft meistens – es ist sicher besser als in die Wand schlagen.
Gott ist da. Seit ich da bin, habe ich das Gefühl, ihn verloren zu haben.
 

Ein Mann, 49, aus dem Iran, Handwerker, auf Stellensuche

Wir fragen Herr Wayssi woher er immer wieder die Kraft nimmt, um die schweren Zeiten in seinem Leben zu überstehen. Er antwortet:
«Jedes Jahr werden im Iran über 2000 junge Leute hingerichtet, weil sie sich gegen das islamische Regime wehren und protestieren. Aber wie in Nordkorea kann man an der Diktatur nicht ändern.
Die einzige Chance gegen das Regime ist, wenn sich alle zusammenschliessen und gemeinsam demonstrieren und protestieren. Man hat nur die Wahl zwischen Feuer oder Wasser, entweder man verbrennt oder ertrinkt.
Aber hier in der Schweiz habe ich 8 Millionen Brüder und Schwestern. Hier fühle ich mich nicht allein und unterdrückt in einem Regime ohne persönliche Freiheiten. Deshalb kann ich hier glücklich sein.»
Nach dem Gespräch sagt er zu uns:
«Danke, dass sich mich gehört haben, das gibt mir neue Energie.»
 

Ein Mann, 51, aus Somalien, arbeitssuchend

Ich bekomme Kraft, wenn ich mich bewege, unterwegs bin. Ich liebe es in der Stadt unterwegs zu sein, zu Fuss oder mit dem Bus. Ausserdem geniesse ich es, wenn ich unterwegs Bekannte und Freunde treffe und schöne Begegnungen habe.
 

Eine Frau, 57, aus der Schweiz, ehemalige Pharma Assistentin

Meine Kraftquelle ist Jesus. Er gibt mir Energie und hilft mir auf dem richtigen Weg zu bleiben. Ich weiss, dass er immer für mich da ist.
 

Ein Mann, aus der Schweiz, Künstler, Naturadvisor, Pöstler, Fotograf

Meine Kraftquelle ist das Feuer. Wenn ich nicht mindestens einmal die Woche ein Feuer mache, erlösche ich innerlich. Am Feuer passieren wundersame Dinge, das habe ich schon oft beobachtet. Die meisten Menschen werden still.
 

Ein Mann

Ich habe keine Kraftquelle, ich muss mir selber Kraft geben. Schlafen schlecht, Essen schlecht, Geld schlecht, Krebs schlecht. Gott hilft allen und erst dann mir.
 

Ein Mann, aus der Schweiz

Claudel wiederum sagt von einer Quelle: "Was rein ist allein, das Ursprüngliche und Unmittelbare, entspringt." Zitiert nach Philipp Jaccottet, Die wenigen Geräusche, S. 78

Der alte Mann erzählt, dass nach dem Nachtessen jeweils zwei Pflegerinnen kämen, ihm Tropfen in die Augen träufelten, Binden drauflegten und dann – er sitze auf dem Stuhl mit dem Kopf im Nacken und sehe nichts – zum Abschied sagten: "Gute Nacht, Herr Baumann*"
Ich frage ihn, was ihm in dieser Dunkelheit, in dieser Einsamkeit Kraft gebe.
"Meine Frau", kommt sofort aus seinem Mund geschossen. "Wir sind seit 65 Jahren verheiratet. Ich kann ihr zwar nichts mehr erzählen, weil sie nichts mehr versteht. Aber sie ist mein Schatz."

Geschenk für den Vorübergehenden, der an ganz anderes dachte oder an nichts, diese Quellen, seien sie noch so bedeutungslos, scheinen ihn irgendwie zu "entrücken", unmerklich; versetzen ihn, kaum wahrnehmbar, in einen anderen Raum. Jedoch nicht ins Unwirkliche, nicht in Träumerei; sondern sie helfen ihm, sozusagen, über die Schwelle, dort, wo man weder Türe noch Durchgang sieht.
Philipp Jaccottet, Die wenigen Geräusche, S. 79
 

Ein Mann, 58, aus der Schweiz, Maschinenzeichner, Sozialhilfeempfänger

Für mich sind Beziehungen zu anderen Menschen die grösste Kraftquelle im Leben. Damit meine ich nicht kurze Begegnungen, sondern tiefere Verbindungen zwischen zwei Menschen, Freundschaften.
 

Eine Frau, 68, aus der Schweiz, Briefträgerin

Meine grössten Kraftquellen im Leben sind meine Hündin Gina und der FC St. Gallen. Ich verbringe sehr viel Zeit mit Gina und kümmere mich gut um sie. Immer wenn ich im Stadion ein Spiel des FC St. Gallen schauen kann bin ich glücklich. Der FC St. Gallen ist mein Leben.
 

Ein Mann, 46, Schweizer, ursprünglich aus Ägypten, IV-Rentner

Ich bin jeden Morgen dankbar, dass ich aufstehen kann, noch da bin und lebe. Zwischendurch esse ich gerne ein Stück Schokolade. Ich konzentriere mich auf die guten Sachen in meinem Leben, sonst sähe ich nur Dunkelheit.
 

Eine Frau, 33, aus Eritrea, besucht SRK-Kurs

«Das Leben in Eritrea ist schwierig gewesen. Ich schaue mit Hoffnung in die Zukunft. Die Hoffnung schöpfe ich aus Gott, weil Gott alles ändern kann.»
 

Ein Mann, 40, aus Eritrea, auf Arbeitssuche

«Integration, Kraft gibt mir die Hoffnung auf Integration. Wenn ich selbst arbeiten kann und nicht mehr vom Sozialamt abhängig bin.»
 
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